Auch in der Pandemie die Chancen des Ausbildungsmarktes entdecken“ Halbjahresbilanz am Ausbildungsmarkt in Bonn/Rhein-Sieg 2020/2021

Die Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK), die Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg und die Handwerkskammer zu Köln präsentierten in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch, den 31. März 2021, die Halbjahresbilanz am Ausbildungsmarkt des Berufsberatungsjahres 2020/21 für die Region.

Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, sagt:
„Damit sich das aktuelle Ausbildungsjahr nicht zum Corona-Jahr entwickelt, steht an dieser Stelle die ganzjährliche Ausbildungsvermittlung im Fokus. Wir richten daher eine ganz klare Botschaft an Bewerber: Komm zu uns, lass Dich professionell beraten und treffe dann Deine Entscheidung. Der Markt bietet Chancen und wir helfen Dir dabei diese zu entdecken!“

Akquise von Ausbildungsstellen
Die Agentur für Arbeit konnte seit Beginn des Berichtsjahr 3.593 Ausbildungsstellen akquirieren. Das sind -468 oder -11,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl gemeldeter Bewerber sank ebenfalls zum Vorjahr um -360 (-9,1 Prozent) auf insgesamt 3.600.
Der erneute Rückgang der Bewerber für eine duale Ausbildung liegt im Agenturbezirk unter anderem an dem pandemiebedingten Ausfall von Beratungsterminen an Schulen und Berufsorientierungsmessen.

Seit Beginn des Berichtsjahres sind der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein Sieg die meisten Stellen zu den folgenden Berufsausbildungen gemeldet worden:
Kaufmann/-frau im Einzelhandel (290), Kaufmann/-frau Büromanagement (229), Verkäufer/in (175), Medizinische/r Fachangestellter/r (169), Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r (151), Elektrotechniker/in Energie-/Gebäudetechnik (106), Handelsfachwirt/in (96), Dipl. Finanzwirt/in (90), Verwaltungsfachangestellte/r – Bundesverwaltung (77) und Fachkraft – Lagerlogistik (73).

Durch die Corona-Pandemie wird der Berufseinstieg vieler junger Menschen erschwert. Für viele Betriebe ist die Berufsausbildung ein wichtiges Instrument, um ihren Bedarf an Fachkräften zu decken. Ziel ist es nun, negative Auswirkungen am Ausbildungsmarkt so weit wie möglich und damit einhergehend einen weiteren Fachkräftemangel zu verhindern. Betriebe sollten gerade jetzt ausbilden, dadurch morgen Fachkräfte im Betrieb sichern und gleichzeitig soziale Verantwortung übernehmen. Noch nie waren die Chancen und die (finanzielle) Unterstützung so groß wie jetzt.

Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg ergänzt hierzu : „
Bei der IHK sind zum 31. März 2021 535 neue Ausbildungsverhältnisse eingetragen. Das sind 13 Prozent weniger als letztes Jahr. Während im Dienstleistungsbereich die Zahlen stark zurückgingen (minus 16 Prozent), steht der Industriebereich mit nur drei Verträgen weniger in der Pandemie-Zeit sogar da wie ein Fels in der Brandung. Leider ist im Moment nicht ab-zusehen, dass Handel, Gastronomie, Tourismus oder die Veranstaltungs-branche wieder direkt durchstarten können – dies liegt nicht an dem mangelnden Angebot an Ausbildungsplätzen, sondern an der fehlenden Wert-schätzung dieser Branchen in der Pandemie. Bei Beendigung des Lock-downs sind aber im Handel, im Reiseverkehr und in den Restaurants die größten Bedarfe, Fachkräfte zu beschäftigen, jetzt schon erkennbar.“

Nicht alle Branchen gehen geschwächt aus der Krise heraus. Trotz der Covid-19-Pandemie sind im Handwerk viele Lehrstellen zu besetzen und die Zahl steigt noch einmal deutlich nach Ende des Lockdowns. „In der Corona-Krise hat sich wieder gezeigt:
Das Handwerk bietet krisensichere Arbeitsplätze,“ sagt Oliver Krämer, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg.


Dr. Markus Th. Eickhoff, Leiter der Bonner Geschäftsstelle der Handwerkskammer zu Köln, ergänzt, „dass bei den Handwerksbetrieben in der Region der Kopf nicht in den Sand gesteckt wird, sondern seit Beginn der Pandemie nur nach vorn geschaut wird:
Trotz Corona sind im Handwerk viele Lehrstellen zu besetzen“, so Eickhoff und fügt hinzu: „Die Anzahl der Betriebe, die Ausbildungsplätze anbieten, wird nach Ende des Lockdowns noch einmal deutlich steigen.“

Aktuell haben wir kammerweit mehr als 670 offene Ausbildungsstellen im Handwerk, in der Region Bonn Rhein/Sieg sind es gut 120. Die meisten davon als Elektroniker/-in (18 Plätze), Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk (17) sowie Dachdecker/-in und Metallbauer/-in (jeweils 8). Selbst in besonders beliebten Berufen wie Kraftfahrzeugmechatroniker/-in (7) und Kaufleute für Büromanagement (6) sind noch Lehrstellen zu haben.

Weiterhin informieren die Kooperationspartner zu den Herausforderungen, die den Ausbildungsmarkt der Region prägen. Viele strukturelle Veränderungen hat die Pandemie verstärkt.
Die Einschränkungen verunsicherten sowohl Bewerberinnen und Bewerber als auch Unternehmen, die das Ende ihrer wirtschaftlichen Krise nicht absehen können. Auch wird die Neigung der jungen Menschen verstärkt einen höheren Schulabschluss anzustreben oder direkt in ein Studium einzusteigen.
Der höchste Anteil an Schulabgängern besitzt eine Hochschulzugangsberechtigung. Hinzu kommt, dass die Region Bonn/Rhein-Sieg ein starker Studienstandort ist. Nach Einschätzung der Agentur für Arbeit werden ca. 9500 Schüler die allgemeinbildenden Schulen im Jahr 2021 verlassen. Damit steigt die Anzahl der Schulabsolventen wieder leicht an. Der Anteil der Studienberechtigten liegt bei 52,3 %. Dies ist nach wie vor der höchste Wert in Nordrhein-Westfalen (44,5%). Andererseits geht die Zahl der dual ausgebildeten Fachkräfte seit Jahren zurück.

Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt war auch schon vor der Pandemie angespannt und durch Passungsprobleme gekennzeichnet. Sowohl das Angebot an Ausbildungsplätzen als auch die Nachfrage nach Lehrstellen waren leicht rückläufig. Hinzu kommt, dass ein Teil der Ausbildungsverträge vorzeitig, d.h. vor Abschluss der Ausbildung, meist unternehmerseitig gelöst oder von den Auszubildenden nicht angetreten wird. Das lässt die Sorgen auf einen künftigen Fachkräftemangel steigen.

Stefan Krause zieht aufgrund der Statistiken insgesamt eine kritische Zwischenbilanz. „
Wir haben ein fast ausgeglichenes Verhältnis von Bewerbern und Ausbildungsstellen. Jedoch ist durch die pandemiebedingten Matchingprobleme, also der persönliche Abgleich zwischen den Interessenten und den Betrieben, keine Stellenbesetzung garantiert. Seit Jahren stellen wir einen bislang eher moderaten Rückgang sowohl der Bewerber als auch der Ausbildungsstellen fest. Diese Entwicklung hat sich pandemiebedingt weiter verschärft. In der jetzigen Ausgangslage starten wir mit einem ausgewogenen Ergebnis in das erste Ausbildungsquartal 2021.“

Offene Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerber
Die Bilanz seit Beginn des Berichtsjahres zeigt, dass auf 2.294 unversorgte Bewerber 2.340 offene Stellen kommen.
Das bedeutet eine Relation von 1 unversorgten Bewerber zu 1,02 unbesetzten Stellen. Zum Vorjahr fiel die Anzahl der unversorgten Bewerber um -9,2 Prozent und die Anzahl der unbesetzten Ausbildungsstellen um -17,7 Prozent.

Jürgen Hindenberg: „Daraus leitet sich ab, dass nicht unerhebliche Wachstumspotenziale in diesem Ausbildungsjahr möglich sind. Auch wenn wir im Zuständigkeitsbereich der IHK von einem Rückgang von 8 Prozent ausgehen, erscheint es absehbar, dass bei dem ausgeglichenen Verhältnis von Ausbildungsangebot und -nachfrage bei der Agentur für Arbeit zumindest rein rechnerisch jedem Ausbildungssuchenden auch in diesem Jahr ein Angebot auf Ausbildung oder Beschäftigung gemacht werden kann.“

Das gemeinsame Ziel ist weiterhin, jedem motivierten Jugendlichen, der bei der Berufsberatung gemeldet ist, einen Berufseinstieg zu ermöglichen. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel ist Ausbildung das beste Mittel.“ Darin stimmten die Kooperationspartner am Ausbildungsmarkt erneut überein.

„Gerade in Krisenzeiten ist die Ausbildung von Fachkräften wichtig. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass noch die Hälfte des Ausbildungsjahres vor uns liegt. Der Ausbildungsmarkt bietet noch vielfältige Chancen für Berufseinsteiger,” sagt Oliver Krämer.

Hierzu ergänzt Ralf Steinhauer, Leiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit: “Mit der verbleibenden Zeit bestehen noch viele Möglichkeiten die Situation am Ausbildungsmarkt positiv zu beeinflussen. Dabei ist es gerade jetzt wichtig gut orientiert und beraten zu sein. Dies gilt sowohl für angehende Auszubildende als auch für die Ausbilder*innen. Die Agentur für Arbeit sichert den Ausbildungserfolg durch unterstützende Förderung ab. Schon am 1.04.2021 geht mit der AsAFlex ein neues Förderinstrument an den Start. Es verbindet Ausbildungsvorbereitung und ausbildungsbegleitende Hilfen. Also: Kontakt mit der Agentur aufnehmen; gut informieren, sicher entscheiden und gut in die Ausbildung starten!“

Ausblick 2021

Für eine positive Entwicklung am Ausbildungsmarkt „begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung zur Verdoppelung der Ausbildungsprämie. Hierzu müssen jedoch auf Bundesebene zeitnah Entscheidungen getroffen werden. Die Unternehmen könnten nämlich in Voraussicht auf kommende Dinge eher Ausbildungsplätze nicht besetzen, weil sie auf eine Prämie hoffen und dadurch unnötige Verzögerungen schaffen. Darüber hinaus fordert die IHK die Bundesregierung auf, bei den bestehenden Vermittlungsprogrammen wie z.B. Passgenaue Besetzung für das laufende Kalenderjahr die Vorgaben der De-minimis-Bescheinigung aufzuheben, so dass eine Vermittlung flächendeckend über alle Betriebe möglich ist,“ sagt Jürgen Hindenberg.

Aufgrund des Distanzunterrichtes fehlt es an niederschwelligen und/oder persönlichen Angeboten zur Kontaktaufnahme mit den Schülerinnen und Schülern bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsplatz. Für den Übergang, bis wieder eine persönliche Beratung möglich ist, wird daher weiterhin auf digitale Angebote gesetzt. Beispielsweise im Handwerk kann auch die Azubi-App genutzt werden. Hier heißt es dann „Das Handwerk wartet auf Dich: Mach Dein Talent zu Deiner Berufung“, so Oliver Krämer.

Auch die Handwerksammer zu Köln bietet gezielt digitale Angebote um die Traumlehrstelle zu finden. „Unsere Karrierewerkstatt ist über alle Kanäle erreichbar – einzelfallbezogen im persönlichen Gespräch, ansonsten über Telefon, per E-Mail, via Videochat und sogar mittels WhatsApp“, sagt Dr. Markus Th. Eickhoff, Leiter der Geschäftsstelle Bonn der Handwerkskammer zu Köln.
Zwischen dem 19.4. und dem 19.5.2021 treffen sich zudem Betriebe und Bewerber in der HWK-Matchboxx für ein digitales Azubi-Speeddating. Oliver Krämer ergänzt hierzu „Eine Ausbildung im Handwerk ist cool: Hier wird Inspiration gefunden, Innovation gelebt und Wissen geteilt.“

Ein besonderer Fokus wird im weiteren Verlauf des Jahres aber nicht nur auf neu entstehende- sondern auch bereits bestehende Ausbildungsverhältnisse gelegt, um diese abzusichern und zu begleiten.



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